Werners Manifest

“Aller Anfang ist leicht – das Durchhalten bis zum Ende ist schwer”
“Nur die Unzufriedenheit macht glücklich” (Georg Kreisler in DIE ZEIT 28.7.11)

Werner Driehorst, …                                            …, 37170   Uslar   11.10.11

Die Wahl ist gelaufen. Am 1.11.11 beginnt die kommunalpolitische Saison
2011-2016. WAS NUN TUN?
Die Erwartung der Bevölkerung an den neugewählten Rat, besonders an die
neuen Ratsmitglieder, ist riesig. Dies ist erstaunlich, denn auch der
“neue” Rat besteht zu 2/3 aus “altbewährten” Mannen und Frauen.
Über das Politikverständnis dieser Mehrheit gibt es keine Illusionen.
Dazu ein ganz normales trauriges Beispiel aus der vergangenen Saison
06-11: 2007 war das Jahr der “Stolpersteine” und das ohne jede politische
Diskussion. Zu dieser wichtigen Angelegenheit hat die eine Hälfte des
Rates (CDU/UWG) eine öffentliche Aussage schlicht verweigert – und die
andere Hälfte (SPD) hat (im Einvernehmen mit der HNA-Lokalredaktion und
der AG Stolpersteine) eine öffentliche Diskussion aktiv verhindert, z. B.
durch Falschinformation der Bevölkerung.

Was will nun die “alte”2/3 Mehrheit im “neuen” Rat? Dies wußten wir schon
vor der Wahl: “CDU will an die Macht” (HNA 17.6.11). Man will eine ver-
läßliche Mehrheitskoalition bilden und möglichst viele Posten besetzen.
Dann kann man die Minderheit vorführen (die eigenen Anträge sind immer
die Besseren) und engagierte kenntnisreiche Bürger vor die Wand laufen
lassen (ich weiß wovon ich rede). Die SPD versucht das gleiche nur des-
halb nicht, weil es ihr z. Z.nicht möglich ist.
Aber auch die neuen Kräfte (grün, links, pirat) ticken auf derselben Wel-
le. Sie wollen eine starke Minorität bilden, Ausschüsse besetzen und hof-
fen, daß sie damit etwas bewirken können. “Und es geschieht nichts Neues
unter der Sonne” (Prediger 1,9)
Die politische Klasse in Uslar ist aus sich selbst heraus nicht reformir-
bar; sie produziert zwangsläufig Irrsinn. In den nächsten fünf Jahren
wird sich hier nur etwas ändern wenn sich die BürgerInnen an der Politik
beteiligen. Dazu brauchen wir eine andere politische Kultur. Bisher waren
die BürgerInnen Zuschauer, die durch ihre fünfjährige Stimmabgabe der Po-
litik eine Generalvollmacht ausstellten. Dafür wurde ihnen versprochen
eine “Politik für das Volk”. Diese ist in Uslar konkursreif, im wahrsten
Sinn des Wortes zahlungsunfähig. Wir brauchen einen Neubeginn durch eine
“Politik mit dem Volk”. Die BürgerInnen sollen nicht nur zuhören sondern
auch mitreden. Die alte ritualhafte Politik muß abgelöst werden. Wir müs-
sen “mehr Demokratie wagen” (Willy Brandt), aber möglichst direkt – eine
Politik zum Mitmachen.

  • Dies geschieht wie bisher in Bürgerversammlungen
  • Die sogenannte Bürgerfragestunde in öffentlichen Sitzungen wird ersetzt
    durch das Bürgergespräch
  • Darüber hinaus brauchen wir einen ständigen Dialog zwischen der Kommu-
    nalpolitik und der Bevölkerung. Dies kann nicht durch das HNA-Leserfo-
    rum geschehen. Im Internetportal der Stadt Uslar muß ein Bürgerdiskurs-
    format eingerichtet werden. Dort können alle immer mitreden – aber
    nicht anonym sondern offen mit Name und Wohnort (aber mit eingebautem
    Wistleblowerschutz).
    In diesem offenen ständigem Dialog wird es natürlich viele untaugliche
    oder gar dumme Äußerungen geben, aber letztlich wird sich eine vernünf-
    tige Mehrheitsmeinung herausbilden – ich glaube an die sogenannte
    Schwarmintelligenz. Man sollte unbefangen und ohne Angst seine Meinung
    zum Besten geben, so wie ich es auch in diesem Augenblick tue. Das
    “Denken ohne Geländer” (Hannah Arendt) ist Voraussetzung für jede
    Veränderung. Außerdem wirkt der Bürgerdialog disziplinierend auf den
    Rat und die Bürgermeisterin: sie müssen sich ständig rechtfertigen und
    werden sich deshalb genau überlegen, was sie sagen und tun.
  • Voraussetzung für den Bürgerdialog ist Information. “Information ist
    die Währung der Demokratie” (Thomas Jefferson). Die Stadt Uslar muß
    alles ins Netz stellen was öffentich ist: Drucksachen, Protokolle,
    Pläne, Zahlen. Ein Beispiel: Unser wichtigstes Lebensmittel ist immer
    noch unser Trinkwasser. Wieviel geben die Stadtwerkke für den Trink-
    wasserschutz aus? Wo? An wen? Weshalb? Welche weiteren Pläne gibt es?
    Ein weiteres Beispiel: Der VA tagt laut NGO nichtöffentlich aber er
    ist kein Geheimgremium; die Tagesordnung, die Teilnehmer, die Abstim-
    mungsergebnisse und die Beschlüsse sind öffentlich.
  • Alles Neue bereitet Probleme und muß eingeübt werden. Die Zusammen-
    arbeit zwischen Rat und hauptamtlichem Bürgermeister muß überall ge-
    übt werden und dabei knirrscht es teilweise gewaltig.
    Deshalb sollte man die Bürgerbeteiligung  erst mal an einem Thema aus-
    probieren. Dies könnte der neue Stromlieferungsvertrag sein. Dabei
    kann man sich durch Fachleute beraten und begleiten lassen, z. B.
    durch das Institut für Demakratieforschung der Uni Göttingen.

Den Einwand “Dialog mit dem Bürger hatten wir bisher auch” lasse ich
nicht gelten. Das ging eher nach dem Motto “Wir sind hochkommunikativ
solange man uns nicht anspricht” (Günther Beckstein). In den letzten
15 Jahren habe ich aus gutem Grund Vorschläge nur noch schriftlich ge-
macht und unsere Lokalpolitiker haben einfach nicht geantwortet. Dis-
kussion gab es nur intern in nichtöffentlichen Fraktionsitzungen und
öffentlich gab es dann nur noch ein staatsmännisches Statement.
Diese Parteiendemokratie muß durch eine Bürgerdemokratie abgelöst wer-
den. Nochmals: Die Politik der alten Rituale hat ausgedient!
Eine Frage an die etablierten Kräfte: warum machen Sie ihre Fraktions-
sitzungen nicht öffentlich? “Es ist die edelste Gabe des Menschen, sich
ändern zu können” (Leonard Bernstein); vielleicht paßt hier auch George
Bernard Shaw “Der Nachteil der Intelligenz besteht darin, daß man ständig
gezwungen ist dazuzulernen”

 

2 Gedanken zu “Werners Manifest

  1. Ist Werners Vorschlag eines Bürgerdialogsystems ein brauchbares Mittel, die verkrusteten Strukturen aufzuweichen und mit mehr gewagter Demokratie zu einer besseren Politik in Uslar zu kommen?
    Dazu ist meine Antwort ein ganz entschiedenes Vielleicht.
    Unstrittig ist jedenfalls, dass alle verfügbaren “Informationen als Währung der Demokratie” öffentlich und für Alle einsehbar sein müssen und zwar nicht als Klimpergeld, mit dem es sich in der Blechsparbüchse prächtig rasseln lässt sondern die ganzen dicken Bündel mit dem Kleingedruckten müssen auf den Tisch. Das könnte der gemeine Bürger allerdings zu recht als Zumutung empfinden, sich erst durch einen Wust von Aktenbergen arbeiten zu müssen, um qualifizierte Aussagen zu kommunalpolitischen Vorgängen machen zu können. Es ist also unumgänglich, dass die Vorgänge für den Bürger verständlich und überschaubar aufgearbeitet werden, selbstverständlich mit dem kompletten Volltext dahinter zur Überprüfung.
    Der Dialog so richtig diskursiv und diskussionsfreudig in einem überschaubaren und leicht verständlichem System könnte die Kommunalpolitik in Uslar in völlig neue Höhen hieven, wenn die Bürger nicht so völlig unberechenbar zwischen Trägheit und Profilierungssucht schwanken würden, was die Handhabung nicht leichter machen dürfte, aber natürlich kein Argument dafür ist, es nicht so zu versuchen. Die Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse im Rat ist dann allerdings ein ganz anderes Kapitel.
    Dieser Blog bietet allen Interessierten schon jetzt die Möglichkeit Vorschläge und Anregungen in die Arbeit des neuen Rates einzubringen, der Autor ist für jeden Kommentar dankbar und bemüht sich diese dann auch in die Ratsarbeit einfließen zu lassen.

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